29. November 2023

Modernisierung im Berliner Viertel (Teil 3): Entschlossene Mietergemeinschaft sorgt für 40% weniger Mieterhöhung

In München-Schwabing kämpfen Dawonia-Mieter für eine faire Modernisierung. Jetzt sind im ersten Bauabschnitt die Mieterhöhungen eingegangen. Die Mieter wollen sich mit einer gemeinsamen Belegeinsicht wehren.

Am 24. Oktober lag sie plötzlich im Briefkasten – die Ankündigung zur Mieterhöhung nach Modernisierung. Für die meisten Mieter war der Brief eine Überraschung. Im Gesetz ist nämlich geregelt, dass eine Modernisierungsmieterhöhung nur für bereits abgeschlossene Maßnahmen angekündigt werden darf. Von einem vollständigen Abschluss der Bauarbeiten im betroffenen ersten Bauabschnitt kann gleichwohl keine Rede sein.

Mieterhöhung trotz nicht abgeschlossener Modernisierung

Vor allem im Haus Schinkelstr. 48 sind viele Wohnungen immer noch nicht fertig modernisiert. Exemplarisch dafür steht die Wohnung von Mietergewerkschafterin Lotte Luther-Villinger. Ihr Bad ist seit Anfang Mai 2023 eine Dauerbaustelle (siehe Foto), noch immer ist das Bad ohne Lüftungssystem. Das neue Dachschrägenfenster lässt weiterhin auf sich warten. Die von der Dawonia beauftragte Firma Skronia scheint überfordert zu sein: Mehrere Termine, die mit der Mieterin fest vereinbart waren, wurden bereits ohne Erklärung versäumt.
„Für mich ist das jedes Mal ein empfindlicher Verdienstausfall“, ärgert sich Mieterin Lotte Luther-Villinger. „Wir hatten beim letzten Mal ein Zeitfenster für die Gesamtdauer der Arbeiten von halb acht bis um zehn Uhr vereinbart. Wieder kam die Firma nicht, wieder keine Absage oder Entschuldigung. Wieder habe ich mir bis Mittag freigenommen, das Bad leergeräumt, eingepackt. Alles umsonst!“
Andere Mieter berichten der Mietergewerkschaft von ähnlichen Vorfällen.

Trotzdem sollen sie und andere betroffene Mieter bereits ab Januar für die halb ausgeführte „Modernisierung“ eine höhere Miete zahlen. Die Dawonia freut sich derweil nach eigenem Bekunden darüber, dass sich ihre Mieter jetzt in der „modernisierten Wohnanlage wohlfühlen“. Angesichts der katastrophalen Zustände vor Ort kann man diese Freude nur als Schadenfreude interpretieren.

Entschlossene Mietergemeinschaft sorgt für 40% weniger Mieterhöhung

Dennoch können die Mieter einen wichtigen Erfolg verbuchen: Die Dawonia senkt von sich aus die Mieterhöhung um 40% ab. Statt der ursprünglich veranschlagten 2,89 Euro pro Quadratmeter soll die Mieterhöhung jetzt 1,78 Euro pro Quadratmeter betragen.
Über die Gründe für die Senkung der Mieterhöhung hat die Dawonia bislang geschwiegen. „Wir vermuten, dass der seit Mai 2023 stetig wachsende Organisierungsgrad in der Siedlung einen Anteil daran hatte. Die fehlende Verhandlungsbereitschaft der Dawonia bei der Frage der Mietminderungen und der grobe Umgang mit Mietern, die bei versäumten Handwerkerterminen sitzen gelassen werden, haben für Erbitterung gesorgt. Der Mietergewerkschaft hat dieses Versagen viele neue Mitglieder beschert. Diese sind jetzt hochmotiviert, aktiv für ihre Rechte zu kämpfen“, berichtet Maximilian Rathke von der Mietergewerkschaft.

Zweiter Mieterstammtisch gut besucht – Freiwillige übernehmen neue Aufgaben

Diese hohe Motivation zeigte sich auch Mitte November beim zweiten Mieterstammtisch in der Siedlung (über den ersten hatten wir hier berichtet). Die für die Mietergemeinschaft reservierte Raumhälfte im Restaurant Estare war erneut sehr gut gefüllt. Später ankommende Gäste hatten Probleme bei der Platzwahl.
Auf der Versammlung wurde der Umgang mit der Mieterhöhung im Bauabschnitt 1 und der Umgang mit den intransparenten Betriebskosten besprochen und neue Aufgaben an Freiwillige verteilt. Denn zu tun gibt es in den nächsten Wochen reichlich. Die Mieter des ersten Bauabschnitts wollen sich gemeinsam eine noch niedrigere Mieterhöhung erkämpfen. Dazu werden sie gemeinsam mit der Mietergewerkschaft von der Dawonia Einsichtnahme in die Belege zu den abgerechneten Modernisierungskosten verlangen. Zu prüfen ist hierbei insbesondere die Aufteilung zwischen Modernisierung und Instandhaltung.
Denselben Ansatz verfolgen die Mieter auch beim Thema Betriebskosten. Hier werden Aktivisten der Mietergewerkschaft mit Freiwilligen Unterschriften für eine gemeinsame Belegeinsicht sammeln. Als Druckmittel planen die Mieter gemeinsam jeweils 150 Euro an den laufenden Betriebskosten zurückzubehalten.

10% Mietminderung für den Monat September erkämpft

Die Versammlung konnte daneben einen weiteren Erfolg feiern. In einigen Wohnblöcken der Dawonia haben Mieter gemeinsam die Miete um 10% gemindert. Grund hierfür war eine weiter anhaltende Lärmbelastung aufgrund von Bauarbeiten in den Nachbarblöcken. Daneben beklagten die Mieter, dass die Treppenhäuser nach Ende der Arbeiten nur unzureichend gereinigt wurden, wodurch die Staubentwicklung in den Häusern weiterhin hoch blieb.
„Wir beobachten, dass die Dawonia neuerdings wieder versucht, einzelnen Mietern das Recht auf Mietminderung streitig zu machen. In einem Haus gibt es den Fall, dass alle Mieter 10% Mietminderung durchgesetzt haben. Eine Mieterin allerdings bekam im Haus einen Brief von der Dawonia zugeschickt, in dem behauptet wurde, dass für dieselben Mängel nur 5% angemessen wären“, so ein Vertreter der Mietergewerkschaft. „Vielleicht ist diese demonstrativ ungleiche Behandlung ein Versuch, die Mietergemeinschaft zu spalten und Unfrieden unter den Mietern zu säen. Sollte das der Fall sein, so hat sich Dawonia getäuscht. Wir wissen auf solche Angriffe entsprechend zu antworten.“

Kräfte sammeln für die nächste Phase der Auseinandersetzung

Die kollektive Mietminderungskampagne geht weiter. Ebenso wächst die Liste der Mieter, die sich an der Betriebskostenkampagne und der Prüfung der Mieterhöhung beteiligen wollen mit jedem weiteren Tag. Um in den kommenden Auseinandersetzungen bestehen zu können, braucht die Mietergemeinschaft Unterstützung. Die Mietergewerkschaft sammelt momentan Spenden, um einen modernen Schnellscanner für die Belegprüfungen zu finanzieren (hier kann man mit spenden). Außerdem kümmert sie sich in Zusammenarbeit mit der Linkspartei darum, mithilfe eines Sachverständigen freiwillige Mieter für die Analyse der Modernisierungskosten auszubilden. Auf diese Weise vorbereitet, strebt die Mietergemeinschaft an, die Mieterhöhung noch weiter unter den Wert von 1,78 Euro zu drücken. Wir werden diesen Kampf unterstützen. Fortsetzung folgt…