20. April 2023

Mieter erhalten Kaution von Studentenwohnheim zurück

Ein privates Studentenwohnheim in München versucht mit fragwürdigen Methoden bei Auszug die Kaution einzubehalten. Die Mietergewerkschaft konnte zwei Mietern helfen an ihr Geld zu kommen.

For an english version click here.

„Junges Wohnen garantiert“ heißt es auf der Homepage über die Wohnanlage „UNIty ß“ für Studenten und Azubis im Münchener Norden. Was immer das heißen soll, besonders studentenfreundlich ist es sicherlich nicht, Kosten für Mängel an der Wohnung den Mietern des Wohnheims aufzudrücken, wie es in der „UNIty ß“ des Öfteren vorzukommen scheint. Seit Anfang 2022 erreichten die Mietergewerkschaft diesbezüglich Nachrichten der Bewohner des Gebäudekomplexes mit ca. 480 Wohnungen, die durch die Grammer Immobilienverwaltung GmbH betreut werden.

Auch das Personal vor Ort scheint den jungen Mietern gegenüber eher unfreundlich, bisweilen sogar aggressiv aufzutreten. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Beschwerden über Probleme mit der Warmwasserversorgung und fehlendes WLAN gegeben.

Nach Kontaktaufnahme seitens der Bewohner hatte die Mietergewerkschaft online eine Mieterversammlung durchgeführt. Gemeinsam wurde ein Forderungskatalog aufgestellt. Auch danach haben sich immer wieder einzelne Mieter mit Problemen bei der Mietergewerkschaft gemeldet.

So auch im aktuellen Fall: Zwei Mieter, die anonym bleiben wollen, zogen aus ihrem Apartment aus. Bei der Wohnungsabnahme wurden vom Hausmeister eine Reihe von Mängeln in das Übergabeprotokoll aufgenommen.  Nach Aussage der beiden Mieter hätten die meisten der aufgelisteten Mängel allerdings schon beim Einzug bestanden. Auch hätten sie immer wieder erfolglos bei der Hausverwaltung die Behebung einzelner Mängel verlangt. Umso größer wäre ihr Erstaunen gewesen, dieselben Mängel am Ende auf dem Abnahmeprotokoll wiederzufinden.

Als das Protokoll im Büro des Vermieters unterschrieben werden sollte, kam es zum Konflikt zwischen Mietern und Vermieter. Die Mieter verweigerten aufgrund der von Ihrer Seite nicht zu verantwortenden Mängel die Unterschrift.

Einer der Mieter berichtet: „Wir sagten, dass wir gehen und nicht unterschreiben würden. Die Angestellten von Grammer wirkten überrascht und deuteten an, dass wir ohne Unterschrift auf unsere Kaution verzichten müssen. Ich fragte nach Kontaktdaten, mit wem wir als Nächstes sprechen sollten, und sie wurden richtig aggressiv und sagten, sie hätten keine Zeit, unsere Fragen zu beantworten. Wir sollten selbst herausfinden, wen wir kontaktieren sollten. Ein anderer Angestellter kam vorbei und meinte, dass er auch noch andere Schäden in das Protokoll aufnehmen würde, wenn wir weiter Ärger machten.“

Derart unter Druck gesetzt, sahen sich die beiden Mieter gezwungen, das Abnahmeprotokoll an Ort und Stelle zu unterschreiben. Sie fühlten sich eingeschüchtert, auch war ihnen die Rechtslage nicht vollständig bewusst und es gab eine Sprachbarriere. Ohne Unterschrift, so ihre Befürchtung, hätten sie auf einen Großteil ihrer Kaution in Höhe von 3000 EUR verzichten müssen.

Mit der Mietkaution können nur Forderungen verrechnet werden, die Ansprüche aus dem Mietvertrag sind. Es muss also zunächst im Vertrag überhaupt erstmal festgehalten werden, dass die Mieter für Schönheitsreparaturen aufkommen müssen. Vermieter dürfen Anteile der Kaution nur für durch die Mieter selbst verschuldete Mängel einbehalten und nur in der Höhe, die die Schönheitsreparaturen wirklich effektiv kosten. Die Mieter sollten zudem die Möglichkeit bekommen, Mängel vor dem Auszug selbst zu beheben.

Nach Kenntnis der Mietergewerkschaft treten ähnliche Fälle leider immer wieder in verschiedenen Studentenwohnheimen auf. Die unter Druck gesetzten Mieter verzichten dann oft darauf, sich zur Wehr zu setzen. Dabei kann eine nicht zurückbezahlte Kaution in Höhe von mehreren tausend Euro, die man ja in der nächsten Wohnung wahrscheinlich wieder zahlen muss, für Studenten und Berufseinsteiger eine existenzbedrohende finanzielle Einbuße sein, während der Vermieter mit etwas Druck ein gutes Geschäft macht.

Betroffenen Mietern raten wir daher, sich auf die Übergabe gut vorzubereiten. „Mieter, die bald ausziehen und wissen, dass es vor Ort häufiger zu Streitigkeiten um die Kaution kommt, sollten zur Übergabe einen Zeugen mitnehmen. Es gibt keine Verpflichtung, das Übergabeprotokoll zu unterschreiben. Deshalb ist immer die Grundregel: keine Unterschrift, wenn irgendeine Frage strittig ist! Sonst kann es sehr schwer werden, das Geld zurückzuholen“, so Maximilian Rathke, der 2. Vorsitzende der Initiative für eine Mietergewerkschaft.

In diesem Fall allerdings ging es trotz geleisteter Unterschrift glimpflich aus. Denn die beiden Mieter meldeten sich bei der Mietergewerkschaft.  Mit juristischer Unterstützung haben wir zusammen mit den betroffenen Mietern einen Beschwerdebrief verfasst. Während die Beschwerden des einzelnen Mieters ins Leere liefen, reagierte Grammer auf das Schreiben der Mietergewerkschaft und zahlte die geforderte Kaution vollständig zurück.

„Ich bin sehr erleichtert, dass wir unser Geld zurückerhalten haben. Ohne die schnelle und effektive Hilfe durch die Mietergewerkschaft würde ich heute mit leeren Händen dastehen. Was ich erlebt habe, hat mir gezeigt, dass wir Mieter ohne eine gemeinsame Organisation verloren sind“, resümiert einer der Betroffenen.

Die Firma Grammer distanzierte sich in einer Stellungnahme von den Vorwürfen der beiden Mieter. Drohungen im Zusammenhang mit der Kaution seien nie gefallen. Der Mietergewerkschaft liegen allerdings Berichte von anderen Ex-Mietern bei UNIty ß vor, die ähnliche Vorfälle erlebt haben.

Alle Grammer-Mieter, die sich aktiv wehren wollen, laden wir dazu ein, sich per Mail oder Telefon bei uns zu melden.