Immer nur Probleme im Vorzeigequartier der Heppenheimer Nordstadt (Teil 1)

Das Heppenheimer Parkquartier ist eigentlich ein „Vorzeigequartier“. Doch kurz nach dem Einzug der Mieter wandelt sich der Wohntraum in einen Albtraum.

Moderne Zwei- bis Dreizimmerwohnungen mit Tiefgarage, schön gelegen in der Heppenheimer Nordstadt. Das Parkquartier-Ensemble besteht aus zwei Häusergruppen mit 56 Wohneinheiten. Die insgesamt sieben Häuser wurden von einer Projektgesellschaft der LIG Unternehmensgruppe gebaut.

Dies war nur möglich, weil die Stadt Heppenheim ihre Grundstücke an private Investoren zum Kauf bot – und zwar zu einem reduzierten Preis, wie die Heppenheimer SPD stolz erklärt. Laut Angabe der SPD hat die Stadt Heppenheim „bei der Vergabe allerdings auch soziale Kriterien berücksichtigt“

Von Anfang an gibt es Probleme

Wie weit es mit diesen „sozialen Kriterien“ her ist, bekamen die 2021 eingezogenen Mieter im Parkquartier jedoch von Beginn an zu spüren. Bauliche Mängel und technische Probleme machten sich oft gleich nach dem Einzug bemerkbar. Eine Mieterin berichtet von einer verselbständigten Fußbodenheizung: Im Schlafzimmer heiß, das Kinderzimmer eiskalt.

Die INDUSTRA-Wohnen, der Vermieterkonzern, der nach eigenen Angaben deutschlandweit Liegenschaften im Wert von 4,9 Milliarden Euro verwaltet, zeigte sich dabei so unkooperativ, dass die betroffene Mieterin direkt wieder auszog. Auf die Auszahlung ihrer Kaution musste die Mieterin dann lange warten – erst nachdem die Mieter unterstützt von der Mietergewerkschaft gemeinschaftlich öffentlichen Druck ausübten, wurde die Auszahlung schließlich angekündigt.

Dieses Beispiel ist jedoch nur eines von vielen. Häufig auftretende Leckagen, Wasser im Keller und in den Aufzugsschächten, in mindestens einem Fall sogar Schimmel im Schlafzimmer, sind nur einige der Probleme, mit denen die neu eingezogenen Mieter sich herumschlagen müssen. Wäre es nicht so traurig, könnte man fast lachen: In einigen Wohnungen wurden der Kalt- und der Warmwasserzähler vertauscht, sodass für jedes Betätigen der Toilettenspülung Warmwasser berechnet wurde.

INDUSTRIA schweigt, TreuReal untätig, LIG Bau mit fragwürdigen Methoden

Erschrocken von den vorgefundenen Zuständen haben viele Mieter sich an die INDUSTRIA gewandt und die Behebung der Mängel gefordert. Der Vermieterkonzern hüllte sich jedoch in bleiernes Schweigen. Öffentlich dementierte das Unternehmen sogar den Eingang vieler Mängelanzeigen, obwohl die Bewohner nicht müde wurden, solche zu stellen. In einem anderen Fall, in dem eine Mieterin gleich nach der Wohnungsübergabe einen Wasseraustritt im Badezimmer meldete, ließ die Reparatur zwei Monate auf sich warten.

Diese Verzögerung ist jedoch kein Einzelfall: Die INDUSTRIA versprach den Mietern vollmundig eine Problemlösung „in Kürze“, als im Dezember 2023 ein Leck die Kellerräume und Aufzugschächte unter Wasser setzte. Noch immer warten die Mieter jedoch auf eine Reparatur und auf Schadensersatz. Auch ärgert es sie, dass die INDUSTRIA zwar auf eine Notruf-Hotline verwiesen hat, aber die Dienstleister am Telefon erklärten, sie seien für den Bezirk nicht zuständig. Oftmals konnte man das Parkquartier nicht mal in den Unterlagen finden.

Unterlassene Sofortmaßnahmen bei einem akuten Leck blieben auch vonseiten der LIG Bau, die von der INDUSTRIA eingesetzt wurde, aus – sie war zu diesem Zeitpunkt nicht erreichbar. Besonders erschrocken war eine von einem erneuten Leck betroffene Mieterin über das Verhalten der LIG Bau, deren Angestellte sie davon abhielten, den Schaden in ihren Kellerräumen zu dokumentieren. Viele Mieter halten dieses Verhalten für inakzeptabel und glauben, dass die INDUSTRIA, die TreuReal und LIG Bau nicht gewillt sind, die Probleme im Parkquartier ernsthaft anzugehen.

Horrende Nebenkostennachforderungen bringen das Fass zum Überlaufen

In vielen Fällen führt das Ausbleiben einer Schadensbehebung auch zu immensen finanziellen Schäden für die Mieter des Parkquartiers. Während eine Schadensersatzleistung seitens der INDUSTRIA für die durch die Wasserleckagen beschädigten Gegenständen in den Wohnungen und Kellerräumen noch auf sich warten lässt, fürchten die Mieter um die Sicherheit ihres Eigentums, das sich in der Tiefgarage und im Keller befindet: Im Sommer 2023 wurde festgestellt, dass unbefugte Personen den Rolltorantrieb der Tiefgarage betätigen und in das Gebäudeinnere gelangen konnten.

Die INDUSTRIA hat ihr Sicherheitskonzept dennoch nicht überarbeitet und war nicht einmal imstande, Schlüssel an die Mieter auszuhändigen, die diese angefordert hatten, um ihre Kellerabteile abschließen zu können. Am 05.04.23 brachen tatsächlich Unbekannte in die Tiefgarage ein und stahlen Fahrräder aus den Kellerabteilen.

Der Wasseraustritt aufgrund von Lecks, Heizungen, die sich nicht regulieren lassen, vertauschte Kalt- und Warmwasserzähler – all dies schlägt sich womöglich auch in der erheblichen Steigerung der Nebenkostenabrechnungen und den horrenden Nachzahlungen nieder, die die INDUSTRIA von ihren Mietern jährlich einfordert.

Für das Betriebsjahr 2022 verlangte sie trotz durchschnittlicher Vorauszahlungen von 3.000 Euro zusätzlich zwischen 1.000 und 5.000 Euro pro Haushalt. Mieter berichten von Rollladenwartungen, die mit 400 bis 550 Euro zu Buche zu schlagen. Sie fragen sich, warum die INDUSTRIA für die kurzen Funktionstests der elektrischen Rollläden eine Firma aus Sachsen beauftragt und ob sie die Kosten überhaupt auf die Mieter umlegen darf.

Mit Memes wie diesen machen die Mieter Ihrem Ärger Luft

Wenn Mieter einen ungewollten Verbrauch aufgrund von nicht regulierbaren Heizungen oder das von der Hausverwaltung bestätigte Problem mit den Wasserzählern meldeten, erhielten sie von der INDUSTRIA weder eine Antwort noch eine Gutschrift. Auch legt der Konzern die Grundlagen der Berechnung nicht offen und bleibt eine Erklärung für den enormen Anstieg der Schmutzwasserkosten oder die mysteriöses Vergrößerung der Grundstückfläche um 200 Quadratmeter in der Nebenkostenabrechnung von 2022 schuldig. Es sei eine komplexe Berechnung, heißt es lediglich in einer Veröffentlichung der INDUSTRIA.

Wie die Mieterinnen und Mieter sich zusammenschließen und unterstützt von der Mietergewerkschaft Erfolge erzielen konnten, lest ihr im zweiten Teil unserer Serie.

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